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SINODO 2009

Predigt der Eröffnungsgottesdienst

«1 Dies sind die Worte des Briefes, den der Prophet Jeremia von Jerusalem sandte an den Rest der Ältesten, die weggeführt waren, an die Priester und Propheten und an das ganze Volk, das Nebukadnezar von Jerusalem nach Babel weggeführt hatte 2 - nachdem der König Jechonja und die Königinmutter mit den Kämmerern und Oberen in Juda und Jerusalem samt den Zimmerleuten und Schmieden aus Jerusalem weggeführt waren -, 3 durch Elasa, den Sohn Schafans, und Gemarja, den Sohn Hilkijas, die Zedekia, der König von Juda, nach Babel sandte zu Nebukadnezar, dem König von Babel: 4 So spricht der HERR Zebaoth, der Gott Israels, zu den Weggefährten, die ich von Jerusalem nach Babel habe wegführen lassen: 5 Baut Häuser und wohnt darin; pflanzt Gärten und eßt ihre Früchte; 6 nehmt euch Frauen und zeugt Söhne und Töchter, nehmt für eure Söhne Frauen, und gebt eure Töchter Männern, daß sie Söhne und Töchter gebären; mehret euch dort, daß ihr nicht weniger werdet. 7 Suchet der Stadt Bestes, dahin ich euch habe wegführen lassen, und betet für sie zum HERRN; denn wenn's ihr wohlgeht, so geht's auch euch wohl. […] 10 Denn so spricht der HERR: Wenn für Babel siebzig Jahre voll sind, so will ich euch heimsuchen und will mein gnädiges Wort an euch erfüllen, daß ich euch wieder an diesen Ort bringe. 11 Denn ich weiß wohl, was ich für Gedanken über euch habe, spricht der HERR: Gedanken des Friedens und nicht des Leides, daß ich euch gebe das Ende, des ihr wartet. 12 Und ihr werdet mich anrufen und hingehen und mich bitten, und ich will euch erhören. 13 Ihr werdet mich suchen und finden; denn wenn ihr mich von ganzem Herzen suchen werdet, 14 so will ich mich von euch finden lassen, spricht der HERR, und will eure Gefangenschaft wenden und euch sammeln aus allen Völkern und von allen Orten, wohin ich euch verstoßen habe, spricht der HERR, und will euch wieder an diesen Ort bringen, von wo ich euch habe wegführen lassen..»
(Jeremia 29, 1-7.10-14)

Daniele Garrone, Professor der Waldenser Fakultaet fuer Theologie1. Suchet der Stadt Bestes, denn in ihrem Wohl liegt euer Wohl.” Der Brief von Jeremia, welchen er nach der ersten Verschleppung (597) und vor dem endgültigen Untergang Jerusalems (586) an die Verbannten schrieb, regt uns zum Nachdenken über die Beziehung zwischen Religionen und Kirchen und dem Wohl der Stadt (oder des Landes, so wie es die Septuaginta übersetzt) an.

2. Erleben wir das, was G. Kepel „die Rache Gottes“ genannt hat? In vielen Teilen der Welt verbreiten religiöse Fundamentalisten auch mit Gewalt ihr Rezept für das Wohl der Stadt: Die Unterwerfung aller unter das Gesetz Gottes. Hier bei uns in Europa und insbesondere in Italien steigt der konfessionelle römisch-katholische Druck, aber nicht nur, auf dass die Stadt ihr Bedürfnis nach einer Führung anerkenne, um wohlbehalten in Laizismus bestehen zu können, um den Rechtsstaat führen zu können, um die Menschenrechte richtig auszulegen, um das Leben zu verteidigen … So sagt man der Stadt: Du, verzweifelt und verwirrt, lasse dich von uns führen, denn wir sind Experten der Menschlichkeit. Oft zielt der interreligiöse Dialog auf die Schaffung einer gemeinsamen Front ab, um mehr Raum und mehr Gott in der Stadt zu schaffen, was heißt, die Ethik der Religionen anzuwenden.
Wie befasst sich unsere kleine methodistische und waldensische Diaspora mit dem Wohl der Stadt in Italien? Gibt es noch die Hingabe für das Wohl dieses Landes, das uns jahrhundertelang weder zuhörte noch wollte, und in dem wir uns nach 1848 verbreiteten? Können wir die Bitterkeit über den wieder aufkommenden Klerikalismus und das Ende der Politik überwinden? Können wir einem Gefühl von Fremdheit gegenüber dieser Stadt, der selber das gemeinsame Wohl nicht mehr am Herzen zu liegen scheint, widerstehen? Mit diesen Fragen und Sorgen im Herzen hören wir die Worte Jeremias, die nicht nur für uns geschrieben wurde, sondern die auch sehr deutlich in dieser demokratischen Stadt zu uns sprechen, einer Stadt, in der wir nicht mehr Untertanen, sondern freie Bürger sind, in der es keine Edikte mehr gibt, sondern Parlamente und Gesetze, welche vereint für das Gemeinwohl wirken in einem Raum, in dem alle gleiche Freiheiten und Rechte besitzen.

3. Gott lädt alle Verbannten ein, das Wohl der Stadt zu suchen, in der sie sich nun befinden; nicht aus einer Begebenheit der Geschichte heraus, welche man als überwindbar sieht, sondern aufgrund seines Urteils über Judas und Jerusalem. Babylon ist die Stadt, „in die ich euch verbannen ließ“. Das Streben nach dem Wohl der Stadt und die Anerkennung von Gottes Urteil über uns gehören zusammen. In dieser Hinsicht sollten die Christen, anstatt sich lautstark mit den christlichen Wurzeln Europas zu schmücken, die Säkularisierung zu beklagen und den Zeiten der christlichen Hegemonie nachzutrauern, anerkennen, dass die Säkularisierung der religiösen Intoleranz, die blutige Auseinandersetzungen über den Kontinent brachte, ein Ende gesetzt hat und dass aufgrund der derzeitigen Situation der Diaspora kein Absolutheitsanspruch irgend jemanden diskriminieren kann. Nur eine Kirche, die ihre Geschichte so erzählen kann wie die Propheten Israels jene ihres Volkes – eine Geschichte von Niederlagen und Fehlern – kann zum Wohle der Stadt beitragen.

4. „Ihr werdet mich suchen und finden… so will ich mich von euch finden lassen“ (v. 13-14). Diese Worte beziehen sich nicht auf die Zeit, in der die Verbannten in ihre Heimat zurückgekehrt sein würden, sondern auf die Zeit des Exils, welches mehrere Generationen (70 Jahre) dauern wird. Es ist ein absolut revolutionäres Wort. Damals dachten alle, dass die Niederlage einer Nation auch den Untergang seiner Götter bedeute, dass die Zerstörung eines Heiligtums auch das Ende der Gegenwart seines Gottes sei. Als die Verbannten (ps 137) sagen, dass sie „auf fremder Erde nicht die Lieder des Zion“ singen könnten, drücken sie die Überzeugung aus, auf ruchlosem Boden ohne Gott zu sein. Hier, sagt der Herr, an einem Ort weit entfernt von meiner Gegenwart, an den ich euch gejagt habe, lasse ich mich noch von euch finden. An einem Ort, an dem nur das Bedauern dessen möglich zu sein scheint, was es nicht mehr gibt, lässt Gott sich finden.
Wir empfangen diese Worte wie ein Versprechen, aber auch wie eine Einladung, “Gott mit ganzem Herzen zu suchen”. Suchet Gott. Handelt so, dass die Stadt euch nicht als Verwalter im Namen Gottes, als seine Stellvertreter betrachtet. Fühlt euch nicht als seine Verteidiger. Sucht ihn. Stellt ihn nicht als notwendiges Fundament dar, sondern sucht sein Gesicht. Sucht Gott, nicht etwas anderes … Ethik, Werte, Anstand. Wer glaubt, die Wahrheit zu besitzen, auch für die anderen, der sucht nicht mehr. wer die Vergebung und Heiligkeit Gottes erfahren hat, sucht ihn noch. Wer ihn getroffen hat, sucht ihn erneut, um nicht den Lebendigen mit dem zu verwechseln, was er von ihm verstanden hat. Wie Luther sagte: “Denn dieses Lebens Stand wird nicht darin verbracht, dass man Gott hat, sondern darin, das man ihn sucht. Immer muss man ihn suchen und wieder suchen, immer wieder von neuen suchen … So führt der Weg empor von kraft (sic) zu Kraft, von Klarheit zur Klarheit, hinein in dasselbe Bild. Denn nicht wer anhebt und sucht, sondern der «beharrt» (Mt 10,22) und weitersucht «bis ans Ende, der wird selig werden», immer beginnend und suchend und das Gesuchte wieder suchend. Denn wer auf dem Wege Gottes nicht voranschreitet, der geht zurück, und wer nicht sucht, der verliert das schon Gesuchte, weil man auf dem Wege Gottes nicht stehen bleiben darf …” (M. Luther, Kommentar zum Römerbrief 3,11).

5. “Betet für die Stadt…! Dies kann paradox erscheinen, aber vielleicht ist es das weniger klerikale, was für das Wohl der Stadt tun können. Beten für die Stadt bedeutet nicht, Gott zu bitten, das sich unsere Ansichten durchsetzen. Es bedeutet, ihn zu bitten, die Stadt zu unterstützen auf der Suche nach Recht für alle. Es bedeutet, sich der Hoffnung auf die neue Welt Gottes hinzugeben und nicht unseren Projekten und Rezepten.

6. Der Brief Jeremias richtet sich an “den Rest der Ältesten der Gemeinde der Verbannten sandte, an die Priester, Propheten und das ganze Volk, das Nebukadnezzar von Jerusalem nach Babel verschleppt hatte”, das heißt an die verbannte Gemeinschaft und an ihre Verantwortlichen. Ein schönes Bild für unsere Synode. Wie Judas in Babylon so sind auch wir hier, auf unserer Suche nach einem gemeinsamen Weg (dies ist der Sinn des Wortes Synode), Empfänger eines Richtspruches, einer Berufung und eines Versprechens. Wir haben alles, was wir benötigen, um gemeinsam zu gehen, hin zu einer hoffnungsvollen Zukunft.

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